Hier war es die Pflicht der Sparkasse B., die Antragstellerin auch bei noch nicht absehbarem endgültigem Finanzierungsbedarf auf die Möglichkeit der Teilfinanzierung über zinsgünstigere Darlehen zu verweisen.

 

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Oberlandesgericht Köln
Urteil vom 30.10.1999
19 W 35/99


Beschluss


Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Köln vom 05.07.1999 – 20 O 68/99 – unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:


Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit sie mit ihrer Klage die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 500.000,00 DM begehrt.

 

Gründe:


Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in Höhe eines Teilbetrages von 500.000,00 DM Erfolg.


Vorauszuschicken ist, dass angesichts der Komplexität des Sachverhaltes, der eine Vielzahl von juristischen, speziell Bank- und finanzierungsrechtlichen Problemen beinhaltet, es für einen juristischen Laien wie die Antragstellerin als nahezu ausgeschlossen angesehen werden muss, die Anspruchsvoraussetzungen im detailliert und geordnet darzustellen. Da es Prozesskostenhilfe für das Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren nach herrschender Ansicht nicht gibt (siehe die Nachweise bei Zöller, ZPO, 20. Aufl., § 115 Rdnr. 3), werden Antragsteller grundsätzlich auf das Beratungshilfeverfahren verweisen. Der konkrete Fall kann jedoch, worauf Zöller (a. a. O.) zutreffend hinweist, Anlass geben, von diesem Grundsatz abzuweichen. So liegt der Fall auch hier.

Es ist nach Überzeugung des Senats ausgeschlossen, dass der Antragstellerin im Beratungshilfeverfahren die rechtliche Beratung zu Teil werden kann, die sie braucht, um ihren Klageentwurf in die für eine Erfolgsaussicht ausrei-chende Form zu kleiden. Angesichts der im Beratungshilfeverfahren dem Anwalt gezahlten Gebühren (§ 132 BRAGO) ist es keinem Anwalt zuzumuten, sich in diesen umfassenden Sachverhalt, der letztlich einer Begutachtung durch eine nicht nur rechtlich sondern vor allem auch wirtschaftlich erfahrenen Fachmann bedarf, einzuarbeiten. Diese Umstände dürfen nach Ansicht des Senats nicht zu einer Benachteiligung der Antragstellerin führen. Vielmehr muss man dies in Rechnung stellen bei der Prüfung der Schlüssigkeit des Vorbringens der Antragstellerin und damit der Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung.


Auch der Senat sieht sich außer Stande, dass komplexe Finanzierungsgebilde in allen Einzelheiten nachzuvollziehen. Schlüssig im Sinne einer positiven Vertragsverletzung des Bankvertrages durch die Beklagte ist aber jedenfalls der von der Beklagten nicht angegriffene Vortrag der Antragstellerin zu den Vorgängen bei der Teilfinanzierung des Bauvorhabens durch einen Bausparvertrag bei der L. Diese Finanzierung erfolgte – unwidersprochen – auf einen entsprechenden Vorschlag der Sparkasse B. Ein solcher Finanzierungsvorschlag ist bei fehlendem Eigenkapital und zugleich hohen Kontokorrentzinsen eine der denkbar ungünstigsten Finanzierungsmöglichkeiten, die der Antragstellerin in dieser Situation empfohlen werden konnte (ca. 21 % Zinsen auf 250.000,00 DM in 1 ½ Jahren!). Diese Finanzierung führte zu einer nicht unerheblichen Steigerung der Baukosten.


Ebenso schlüssig ist nach Ansicht des Senats der Vortrag der Antragstellerin zu der verzögerlichen Umstellung des Kontokorrentkredits in Höhe von ca. 700.000,00 DM auf ein zinsgünstigeres Darlehen. Hier war es die Pflicht der Sparkasse B., die Antragstellerin auch bei noch nicht absehbarem endgültigem Finanzierungsbedarf auf die Möglichkeit der Teilfinanzierung über zinsgünstigere Darlehen zu verweisen. Zwar behauptet die Beklagte, dies sei erfolgt – hierzu bedarf es eventuell einer Beweisaufnahme. Schlüssig ist der Vortrag für eine positive Vertragsverletzung des Bankvertrages aber auch insoweit.


Zudem hat die Antragstellerin vorgetragen, bereits frühzeitig die Veräußerung der Immobilie „F.“ angeboten zu haben und durch Eigenkapitaleinsatz die Darlehenslast und vor allem die Finanzierungskosten zu vermindern. Sollte die Sparkasse B. hierauf nicht eingegangen sein, wie die Antragstellerin – jedenfalls was den Zeitpunkt anbelangt – unwidersprochen vorgetragen hat, liegt auch hierin eine Pflichtverletzung der Beklagten.


Als schlüssig im Sinne einer Schadensverursachung durch die Sparkasse B. ist schließlich auch der Vortrag der Antragstellerin anzusehen, dass das Bauvorhaben „I.“ sich im Rahmen der geplanten Finanzierung gehalten habe und nur die Finanzierungskosten, die, wie dargelegt, bereits derzeit teilweise auf einer pflichtwidrigen Beratung durch die Beklagte beruhten, die Verteuerung des Bauvorhabens verursacht hätten. Soweit die Beklagte diesen Vorbringen mit der Behauptung entgegentritt, von der Antragstellerin geforderter unverhältnismäßiger Luxus bei der Errichtung dieser Immobilie sei Ursache für die Steigerung der Baukosten um ca. 700.000,00 DM, ist dieser Vortrag unsubstantiiert.

Die Beklagte hat diese Behauptung durch nichts präzisiert bzw. belegt, obwohl ihr sämtliche interner dieses Bauvorhabens bekannt sind. Dieses Verhalten der Beklagten werde der Senat als weiteres Indiz dafür, dass allein der Anstieg der Finanzierungskosten, der nach oben gesagten jedenfalls in nicht zu vernachlässigendem Umfang auf einem Fehlverhalten der Beklagten beruht, zu der Verteuerung des Objekts geführt hat.


Sollte sich allein dieser bislang vom Senat als schlüssig gewertete Vortrag der Antragstellerin im Rechtsstreit als zutreffend herausstellen und der Beklagten somit ein Fehlverhalten nachgewiesen werden, ist es zudem nach Ansicht des Senats nicht ausgeschlossen, dass auch die finanzielle Schieflage der Firmengruppe P., die letztlich zu ihren Zusammenbruch geführt hat, von der Beklagten jedenfalls mitverursacht worden ist, so dass auch hinsichtlich der von der Antragstellerin geltend gemachten Folgeschäden ein Anspruch begründet sein könnte. Da dies nicht ausgeschlossen werden kann, der Senat sich aber bei dem derzeitigen Stand des Verfahrens nicht in der Lage sieht, dies abschließend zu beurteilen, hält er die Rechtverfolgung derzeit jedenfalls in Höhe eines Betrages von 500.000,00 DM für Erfolg versprechend.


Da die Antragstellerin angesichts ihrer Schuldenlast bedürftig im Sinne des § 114 ZPO ist, war ihr daher in dieser Höhe Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.