Ergänzend zu unseren laufenden Beiträgen fassen wir die weitere Entwicklung im Bereich der Prämiensparverträge seit dem Herbst Update 2019 kurz zusammen:

 

Ergänzend zu unseren laufenden Beiträgen fassen wir die weitere Entwicklung im Bereich der Prämiensparverträge seit dem Herbst Update 2019 kurz zusammen:

 

Die Bankenaufsicht gibt ein Statement ab

Am 17.02.2020 veröffentlichte die Bankenaufsicht (BaFin) einen Fachartikel zum Verbraucherschutz. Dieser bestätigte auch zum Großteil das, was die Verbraucherschützer gegenüber den Kreditinstituten fordern.

Wichtige Auszüge aus dem Artikel:

„Die Bankenaufsicht weist darauf hin, dass Banken ihre Prämiensparkunden darüber informieren und ihnen zudem angemessene Lösungen anbieten sollten. Konkrete Vorgaben werden in Kürze vom Oberlandesgericht Dresden erwartet.“

"Die BaFin hat insbesondere die Interessen der betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher im Blick und steht im Austausch mit Instituten und Verbänden".

 

Musterfestellungsklagen / Sammelklagen

Im Jahr 2020 wurden bisher drei Musterfeststellungsklagen verhandelt:

Am 22.04.2020 fand vor dem Oberlandesgericht Dresden die 1. Verhandlung der Musterfestellungsklage der Verbraucherzentrale Sachsen e. V. gegen die Sparkasse Leipzig statt. Zur Überraschung aller Beteiligten, sprach der Richter direkt ein Urteil, welches überwiegend positiv und zugunsten der Sparer ausfiel. Hier lesen Sie das vollständige Urteil des Oberlandesgerichts Dresden vom 22.04.2020 (Az: 5 MK 1/19). 

Achtung: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Dem Urteil der Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Leipzig folgten die Urteile gegen die Sparkasse Zwickau vom 17.06.2020, Az.: 5 MK 1/20 und gegen die Erzgebirgssparkasse vom 09.09.2020, Az.: 5 MK 2/19.

In den beiden Urteilen gab es keine Neuerungen, vielmehr wurden die wesentlichen Punkte aus der Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Leipzig nochmals bestätigt.

Gegen die drei Urteile der bereits beendeten Musterfeststellungsklagen gegen die Sparkasse Leipzig, die Sparkasse Zwickau und die Erzgebirgssparkasse ist Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt worden.

Ob die Revisionen angenommen werden ist noch offen.

 

Ausblick für 2021:

Aktuell sind vier weitere Musterfeststellungsklagen bezüglich der Zinsanpassung von langfristigen Sparverträgen anhängig.

Dies betrifft die Sparkasse Vogtland und die Sparkasse Meißen, bei denen ebenfalls die Verbraucherzentrale Sachsen e. V. die Klage führt.

Mit den Musterfeststellungsklagen gegen die Sparkasse Nürnberg und die Saalesparkasse, die von der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. geführt werden, wurden erstmals Klagen gegen Sparkassen aus anderen Bundesländern als Sachsen erhoben.

Die Termine zu den mündlichen Verhandlungen sind zu allen vier Musterfeststellungsklagen noch nicht anberaumt, eine Eintragung ins Klageregister ist somit noch möglich.

 

Individualklagen von Sparern:

LG Dresden, Urteil vom 24.09.2020, Az.: 9 O 2203/19

Inzwischen werden die ersten Individualklagen vor den zuständigen Landgerichten verhandelt und entschieden. Besonders hervorzuheben ist das Urteil des LG Dresden vom 24.09.2020, Az.: 9 O 2203/19.

In diesem Urteil wurden die aus der Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Leipzig ausgeurteilten Grundsätze angewandt und dem Sparer 100 % der von uns errechneten Differenz zugesprochen.

Im Urteil setzt sich das Gericht vor allem mit den Parametern, die für die Zinsanpassung relevant sein sollen, umfassend auseinander.

Zur Zinsanpassung führte das Gericht aus, dass die von der Sparkasse verwendete Zinsänderungsklausel unwirksam ist und die daraus entstandene Lücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist.

Lesen Sie hier das vollständige Urteil des Landgerichts Dresden vom 24.09.2020: Az.: 9 O 2203/19

 

Kündbarkeit einzelner Prämiensparverträge, insbesondere mit einer Restlaufzeit von 1.188 Monaten / 99 Jahren

Immer häufiger vertreten Gerichte die Auffassung, dass Prämiensparverträge, bei denen im Vertrag eine Laufzeit von 1.188 Monaten (= 99 Jahren) und eine Prämienstaffel, die bis zum 99. Jahr besteht, nicht von den Sparkassen gekündigt werden können bzw. dass die ausgesprochenen Kündigungen unwirksam sind.

Die Vertragsformulare, bei denen die Vertragslaufzeit mit 1.188 Monaten (99 Jahren) angegeben ist, werden von den Sparkassen meist bei Umschreibungen verwendet.

In der Vergangenheit urteilten Gericht vereinzelt zugunsten der Sparkassen und erachteten die Kündigung dieser Verträge als wirksam.

Hier scheint es einen Wandel in der aktuellen Rechtsprechung zu geben.

Immer häufiger ergehen Urteile zugunsten der Vertragsinhaber von Prämiensparverträgen, in denen nachträglich eine feste Laufzeit eingetragen worden ist.

Beispiele hierfür sind die Urteile des Landgerichts Stendal, des Amtsgerichts Nürnberg und des Amtsgerichts Zwickau.

Nach dieser Rechtsprechung müssen sich die Sparkassen auf die von ihnen angegebene feste Laufzeit von 1.188 Monaten (99 Jahren) halten.

Als Begründung führen die Gerichte an, dass der Sparer auf die Richtigkeit der im Vordruck eingetragenen Laufzeit vertrauen durfte.

Objektiv betrachtet kann der Sparer nicht davon ausgehen, dass die Sparkasse nicht wusste, was in den vorformulierten Umschreibungsverträgen steht, dass ihr das eingetragene Datum nicht bewusst war und dass sie sich nicht an diese Laufzeit habe binden wollen.

Auch bezüglich des wichtigen Kündigungsgrundes, welcher die Sparkasse berechtigen würde, den Sparvertrag zu kündigen, äußern sich die Gerichte.

Bei den umgeschriebenen Verträgen entfällt den Gerichten (LG Stendal, Rn 91) nach das gegenwärtig andauernde Niedrigzinsumfeld als wichtiger Kündigungsgrund. Das Landgericht Stendal und das Amtsgericht Nürnberg argumentieren, dass der Sparkasse bei Umschreibung und Festlegung der Laufzeit das Niedrigzinsumfeld bewusst war (LG Stendal) bzw. dass sich das Zinsumfeld zwischen Umschreibungs- und Kündigungsdatum (AG Nürnberg) nicht erheblich geändert hat.

 

Fazit:

Aktuell tendieren bereits einige Gerichte dazu, die in unseren Berechnungen verwendeten Parameter zur Zinsanpassung als interessensgerecht heranzuziehen. Dies geht aus den uns vorliegenden Hinweisbeschlüssen und Urteilen hervor.