Banken sind dazu berechtigt, in gewissen Zeitabständen die Konditionen eines Darlehens an die aktuellen Marktverhältnisse anzupassen. Dafür können Banken Zinsanpassungsklauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwenden.

 

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Oberlandesgericht Köln Urteil vom 13.07.1998  Az:16 U 2/98
 
 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 25. November 1997 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 3 O 306/97 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
 
Gründe

Das zulässige Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

Der Klägerin steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung von im Zeitraum 1992 bis 1997 geleisteter Zinsen gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Denn die Zinszahlungen an die Beklagte sind aufgrund des ursprünglichen Darlehensvertrages und nach wirksam erfolgter Anpassung der Zinskonditionen durch die Beklagte mit Schreiben vom 27. Dezember 1991 mit Rechtsgrund erfolgt. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass das erwähnte Schreiben vom 27. Dezember 1991 eine wirksame Leistungsbestimmung im Sinne von § 315 Abs. 3 BGB beinhaltet und nicht ein Angebot zum Abschluss eines neuen Darlehensvertrages.

Das Schreiben ist nämlich im Zusammenhang mit Ziffer 4) und 5) des ursprünglichen Darlehensvertrages vom 9./16. Januar 1987 zu sehen. Ziffer 4) diese Vertrages sieht ausdrücklich eine Laufzeit der Zinskonditionen bis zum 10. Januar 1992 vor.  Ferner bleibt der Bank vorbehalten, nach Fristablauf die Konditionen neu festzulegen, "wenn sie dies (z.B. wegen der Entwicklung am Geld- oder Kapitalmarkt) für erforderlich hält". Diese Befugnis der Beklagten wird in Ziffer 5) des Vertrages nochmals aufgegriffen. Solche Zinsanpassungsklauseln, wie sie hier Ziffer 4) des Darlehensvertrages vorsieht, werden als zulässig erachtet (vgl. Palandt/Putzo, BGB, 57. Auflage, § 608 Randziffer 5; MünchKomm/Westermann, BGB, 3. Auflage, § 609 Randziffer 9 je m. w. N.).

Hierbei spielt es im Ergebnis keine Rolle, ob die Klauseln durch Allgemeine Geschäftsbedingungen Vertragsinhalt geworden sind, denn § 9 AGBG steht dem nicht entgegen (vgl. beispielsweise BGH NJW 86, 1803 zu einer fast inhaltsgleichen Klausel eines Darlehensvertrages). Das in diesem Zusammenhang von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelte weitere Erfordernis, nämlich dass die Klausel die Bank nicht nur einseitig begünstigen dürfe, sondern auch zur Herabsetzung des Zinssatzes verpflichten müsse, wenn die Umstände des Kapitalmarktes dies erfordern, ist hier erfüllt, da die hier zu beurteilende Klausel eine solche Auslegung ohne weiteres zulässt. Ausdrücklich muss diese Möglichkeit nicht in der Klausel festgeschrieben worden sein (vgl. BGH a.a.O., Seite 1804).

Die Rechtsprechung anerkennt als sachlichen Grund das Bedürfnis der Banken nach Anpassung ihrer Kreditzinsen an die ihnen zur Verfügung stehenden Refinanzierungsmöglichkeiten, die sie im einzelnen bei Vertragsabschluss nicht auf Jahre oder Jahrzehnte abschätzen lassen. Die von der Klägerin zitierten Vorschriftendes AGBG, nämlich §§ 10 Nr. 4 und 11 Nr. 1 AGBG, finden hingegen keine Anwendung, da diese Vorschriften anders gelagerte Fälle betreffen. § 11 Nr. 1 AGBG findet keine Anwendung auf Darlehensverträge (vgl. MünchKomm/Basedow, § 11 AGBG, Nr. 1, Randnummer 19 m. w. H.). § 10 Nr. 4 AGBG greift deshalb nicht ein, weil diese Vorschrift einen Änderungsvorbehalt des Verwenders regelt, die die von ihm zu erbringende Leistung betrifft, hier jedoch eine Bestimmung über die Gegenleistung in Frage steht.

Die Beklagte hat mit ihrem Schreiben vom 27. Dezember 1991 (Bl. 9) von dem ihr wirksam eingeräumten Recht zur Leistungsbestimmung Gebrauch gemacht. Der Wortlaut wie der gesamte Inhalt des Schreibens lassen diese Absicht der Beklagten zweifelsfrei erkennen. Hinreichende Anhaltspunkte, dass sie hiermit den Abschluss eines neuen Darlehensvertrages anbieten wollte, liegt hingegen nicht vor. Im Wortlaut wird nämlich ausdrücklich auf das Auslaufen der Zinskonditionen Bezug genommen und im übrigen erwähnt, dass "alle übrigen Vereinbarungen des Darlehensvertrages ... von dieser Änderung unberührt" bleiben.

Der Wille der Beklagten, hiermit die Bedingungen des ursprünglichen Darlehensvertrags den aktuellen Gegebenheiten anzupassen, ist damit auch für den Erklärungsempfänger zweifelsfrei erkennbar, §§ 133, 157 BGB. Gegen diese Auslegung sprechen - entgegen der Meinung der Klägerin - nicht die Neubestimmung der Laufzeit über 60 Monate sowie die Regelung einer 100%igen Auszahlung. Die erstere Bestimmung ist notwendig, um Klarheit über die Dauer der neuen Zinsfestlegung zu schaffen.  Sie entspricht im übrigen der Laufzeit der ursprünglichen Bedingungen. Der Hinweis auf die 100%ige Auszahlung ist im Zusammenhang damit zu sehen, dass ursprünglich ein Disagio in Höhe von 3,1 % vorgesehen war. Bei einer Konditionenanpassung gemäß § 315 Abs. 1 BGB, wie es hier der Fall ist, findet § 4 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG keine Anwendung (vgl. zuletzt BGH ZIP 98, 66 unter Hinweis auf weitere Rechtsprechung und Schrifttum). Dass der Klägerin mit ungekündigtem Darlehensvertrag vom 9./16. Januar 1987 eingeräumte Kapitalnutzungsrecht bestand nämlich fort.

Schließlich steht auch Ziffer 14) des Darlehensvertrages einer Wirksamkeit der Zinsanpassung nicht entgegen. Es handelt sich hier nicht um eine einvernehmliche Vertragsänderung, die der Schriftform bedarf, sondern um den Fall einer einseitigen Neufestlegung der Konditionen.

Soweit die Klägerin sich weiterhin darauf beruft, die erfolgte Zinserhöhung sei auch unbillig im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB, so hat sie mit diesem Vorbringen keinen Erfolg. Abgesehen davon, daß ihr Vortrag schon deshalb nicht schlüssig ist, weil sie mit der Klage nicht eine durch das Gericht zu treffende Bestimmung nach Billigkeit verlangt, wie es § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB vorsieht, sondern jeden den gesetzlichen Zinssatz übersteigenden Zins als nicht gerechtfertigt ablehnt, hat die Beklagte ihre Zinserhöhung hinreichend begründet. Sie hat auf die geänderten Verhältnisse am Geldmarkt hingewiesen und den verlangten Zinssatz von 9,3 % als damals marktüblichen Satz bezeichnet. Dem ist die Klägerin nicht im einzelnen
entgegengetreten.

Im übrigen ist eine erhebliche Zinssteigerung in den Jahren 1985 bis 1992 als allgemein bekannte Tatsache offenkundig (§ 291 ZPO). Die Höhe des Zinssatzes kann ebenso wenig mit dem Hinweis auf die Kreditbedingungen der Beklagten vom 1. August 1985 in Frage gestellt werden, wonach die Beklagte sich ausschließlich aus Sparmitteln refinanziert. Auch die Zinsen aus Sparguthaben, die im übrigen bei längerfristigen Anlagen deutlich über den Zinssätzen für Anlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist liegen, werden durch die aktuellen Marktbedingungen bestimmt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Streitwert und Beschwer der Klägerin: 15.723,75 DM.